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GRENZEN ⟩⟩



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Rede zur Finissage am 08. 01. 2002 im Lichtkuppelsaal der esg Mainzer Str. 47

Die Grenze ist endgültig und unumkehrbar überschritten. Alles was seit 2001 geschieht ist nicht mehr Geschichte des 20. sondern Geschichte des 21. Jahrhunderts.

Das ist einer der Gründe warum wir für diese erste Ausstellung im neuen Jahrtausend den Begriff „Grenzen“ als Thema bestimmten. Mag sein, dass Historikerinnen und Historiker aus der Generation ihrer Kinder und Kindeskinder feststellen werden, das kaum Neues ist in dem was da zur Zeit geschieht, sondern das da noch ganz die alten, eigentlich schon längst überholten Denk- und Verhaltensmuster wirksam sind. Den tatsächlichen Beginn des neuen Jahrtausends werden sie dann an Ereignissen festmachen die heute bestenfalls erahnbar sind. Aber das sind müßige Spekulationen über zukünftige Grenzziehungen.

Der zweite Grund für die Bestimmung des Themas „Grenzen“ ist der dass dies die elfte Ausstellung ist, was allerdings nichts mit der Kölner 11 zu tun hat, obwohl das auch eine wichtige Grenze ist, sondern es ist dies die letzte Ausstellung der dritten Epoche, d. h. der Kreis der Beteiligten an diesem Zyklus hat sich geschlossen. Dieser Augenblick, dieser Wimpernschlag zwischen den Jahrtausenden, neigt sich und, bevor die Lider sich schließen, gilt es noch mal zu sehen, aus dem Dahinter, auf die Welt.

Das ist der dritte, der eigentlich spannende Grund, für dieses Thema „Grenzen“, der letzten Ausstellung auf dem Wege vom „ich bin“ zum „wir sind“, dem Thema der nächsten Ausstellung.

Grenzerfahrung ist Welterfahrung Vor ein paar Tagen war in den Nachrichten zu hören, dass zur Zeit weltweit ca. 22 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Nicht Ihre Grenzerfahrung und auch nicht meine. In den Laboren wird geforscht; Berechnungen werden präzisiert; Geschwindigkeitsgrenzen überschritten; Währungsgrenzen aufgehoben; verseuchte Gebiete abgesperrt; ehrwürdige Männer und Frauen suchen die Grenze zwischen gut und böse. Grenzerfahrung ist Welterfahrung, ist da auch Welterkenntnis? Wo ist die Grenze zwischen Wahn und Wirklichkeit?

Seit jenen Tagen als Menschen zum ersten Mal mit den Umrissen ihrer Hand auf einer Höhlenwand Bilder signierten, gibt es jene die versuchen einen eigenen Gedanken zu fassen und von denen ist niemand, den diese Frage kalt ließe.

Denn in diesem Begriff „Grenzen“ liegt, schlummert, atmet doch förmlich das Geheimnis allen Seins, das Geheimnis des Übergangs, des Übergangs vom toten zum lebendigen, vom Tier zum Mensch, vom Morgen zum Gestern und diese Grenze trennt, zerschneidet jeden menschlichen Augenblick in zwei, und es entsteht Möglichkeit.

An dieser Grenze zum Möglichen leben Sie und ich, jetzt, hier - oder... ?

T.B.

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Beteiligte Künstler:
Rolf Hinterecker, Installation - Bilder
Sol Lyfond, Video
Carola Willbrand, Installation - Nähzeichnungen