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METAMORPHOSE ⟩⟩

Wir sind

Rede zur Finissage am 08. 01 2003 auf dem Eierplätzchen

Palya? Palya!
Kunja, die Schlange ist von Osten gekommen um in Tjaputji Eier zu legen. Tjaputji ist ein kleiner Felsen mit einer Höhle, neben Uluru, diesem riesigen, über 300 Meter hohen, roten Monolithen in der zentral australischen Savanne. Kunja ist nicht nur eine Schlange, sondern ein Schöpferwesen, eine gestaltende Kraft und dieses Eierlegen war und ist ein Teil der Entstehung jener Welt. Kunja, die Schlange ist von Osten gekommen um in Tjaputji Eier zu legen, ist ein Bild, ein Tanz. Eine Frau, mit einem Korb voller Eier auf dem Kopf, tanzt in diese Höhle.

Niemand weiß seit wie viel tausend Jahren dieser Tanz getanzt wird auf diesem antipodischen, gegenfüsslerischen Eierplätzchen.


Das Bild öffnete uns hier die Türen. In der Ausstellung 'Zeichen des Anfangs' sahen wir „mit unverständigem Respekt“, um es mit den Worten Aldo Legnaros zu sagen, die Bilder jener Kosmologie. Im Sehen dieser anderen Art des 'In-der-Welt-seins', entzündete sich die Frage: „was bedeutet es Zeitgenossin, Zeitgenosse zu sein, heute, hier in Europa?“ und löste unseren Tanz aus, 'zwischen den Jahren', „wenn die Maske der Zeit verrutscht“, um es mit den Worten von Winfried Winter zu sagen. Eine Geste lang tanzten wir mit, mit 'Kunja, die von Osten kommt um in Tjaputji Eier zu legen' Zur zwölften Ausstellung des Zyklus zwischen den Jahrtausenden darf ich sie begrüßen im Namen der … 'Metamorphose, es ist': staunen, Urknall des Bewusstseins. Im Spannungsbogen polarer Kräfte: 'Metamorphose, ich bin': einzeln und einzig, hineingeworfen in die Welt, aber nicht allein. 'Metamorphose, wir sind', ist das Thema dieser letzten Ausstellung des Zyklus, hier auf der Mainzer Straße. Die Zeit ist um, die Grenze überschritten.
Was bedeutet es denn nun eigentlich Zeitgenossin, Zeitgenosse zu sein, hier in dieser Gegenwart, die, zusammengesetzt ist aus nicht verdauter Vergangenheit, der Tagesschau und einer, je nach Gemüt und Kontostand gefürchteten oder erhofften Zukunft?
Und was hat diese Frage mit Ausstellungen zu tun, mit bunten Bildern, seltsamen Objekten und eigentümlichen Performances? Ist das nicht eher eine Frage für die Wissenschaft? Aber welches Studium, welcher Wissenschaft ist erforderlich um mich hier zurechtzufinden damit,
ich
nicht, wie jene im vorigen Jahrhundert, von einer Katastrophe in die andere torkele? Aber wie töricht sind die Antworten? So töricht wie die Frage. So töricht wie der Versuch das Gestern vom Morgen zu trennen. Wann hat gestern aufgehört und wann fängt morgen an? Wer will das berechnen? Es bleibt das Rätsel des Dauernden im Tanz des Augenblicks, aus der Phantasie der Kulturen: im Tjukurpa der Aborigines, in der Idee des Wu Wei, im Spiegel einer Perle in Indras Netz, im Erleben des 'coincidentia oppositorum', des 'In-Eins-fallens-der- Gegensätze', „beim Autofahren“, um es mit den Worten von Peter Nispel zu sagen. Farben; seltsame Objekte; eigentümliche Performances. Im Schauen öffnen sich die Wege, fügt sich das Erkannte zum immer neuen Bild. In unendlichen Variationen:
Wir sind !!


T.B.




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